Kreis Höxter (red). Tischlerin und Innenarchitektin Lisa Valentin-Kalisch wirbt für eine Ausbildung im Handwerk: „Dort lernt man, wie es im Leben läuft“.

Model oder Tischlerin. „Nur diese beiden Berufswünsche kamen damals in Frage“, sagt Lisa Valentin-Kalisch und lacht. Der Modeltraum hatte sich allerdings schnell erledigt – „ich mag gern gutes Essen, das hätte nun gar nicht gepasst.“ Blieb also Tischlerin, und dieser Beruf erwies sich für die junge Frau als echter Erfolgsgarant. Denn im Jahr 2016 ist Lisa Valentin-Kalisch (36) als Teilhaberin in das Familienunternehmen eingestiegen und arbeitet als Geschäftsführerin gemeinsam mit ihren Eltern in der Valentin RenoTec GmbH – einer alteingesessenen Tischlerei in Höxter mit überregionaler Strahlkraft.

Von Küchenzeile bis zur Sushibar plant, entwickelt, gestaltet und fertigt die Tischlerei alles, was im privaten Umfeld sowie im Objekt- und Ladenbau gebraucht und gefragt ist. Die Aufträge führen den Höxteraner Handwerksbetrieb durch ganz Deutschland - von Schleswig-Holstein bis nach Bayern. Und Lisa Valentin-Kalisch verkörpert inzwischen die dritte Generation des Unternehmens, das im vergangenen Jahr bereits den 70. Geburtstag feierte.

Gute Ansprechpartnerin

Wenn die 36-Jährige von ihrem Handwerk spricht, merkt man sofort die Leidenschaft und die Faszination, die dieser Beruf ausübt. Und deshalb kann es Lisa Valentin-Kalisch gar nicht verstehen, weshalb sich nur wenige Jugendliche für eine Ausbildung im Handwerk interessieren. „Genau dort lernt man den Alltag richtig kennen, erfährt, wie man Struktur erhält und wie man etwas Gutes mit den Händen erschaffen kann“, sagt die 36-Jährige voller Überzeugung. Vier Auszubildende beschäftigt das Familienunternehmen zurzeit, als Chefin ist Lisa Valentin-Kalisch die erste Anlaufstelle für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Zu mir kann man kommen, ich höre zu und mache vieles möglich, zum Beispiel, wenn es die Familie betrifft,“ sagt die junge Mutter, die für ihre vierjährige Tochter auch feste „Mama-Zeiten“ in der Woche einplant.

Tischlerlehre bei Josef Fuhrmann

Ganz so klar war das zunächst nicht mit der Tischlerlehre: Denn natürlich kannte Lisa Valentin-Kalisch die Tischlerei ihres Vaters Klaus-Dieter Valentin von klein auf. Aber in erster Linie mussten früher die beiden Brüder in der Werkstatt helfen. „Ich wurde dabei immer ein bisschen vergessen, mein Vater hat mich auch nie gezwungen, ins Tischlerhandwerk zu gehen“, erinnert sich die heutige Geschäftsführerin. Und doch hat sich Lisa Valentin-Kalisch für ein Handwerk entschieden – „ich habe früher immer gern etwas gestaltet, viel gemalt, viel kreativ ausprobiert.“ Beim Löwendorfer Tischlermeister Josef Fuhrmann hat die junge Frau das Handwerk von der Pike auf gelernt. „Ein echter Glückfall“.

Ein halbes Jahr in Irland

Nach der erfolgreichen Lehre ging es erst einmal wieder zurück ins Familienunternehmen, zum „Hineinschnuppern“ in Büro und Werkstatt. Aber wollte sie gleich für immer dortbleiben? Es lockte die Freiheit, und so entschied sich Lisa Valentin-Kalisch, für ein halbes Jahr nach Irland zu gehen. Eine aufregende und lehrreiche Zeit. Dort arbeitete sie im Restaurant und in der Bar und lernte intensiv die Sprache. „Das hatte ich mir immer schon vorgenommen.“

Zurück in Deutschland, studierte sie Innenarchitektur an der Technischen Hochschule OWL in Detmold und schloss den Studiengang mit dem Bachelor of Arts ab. Es folgte eine kurze Stippvisite in einem Hamburger Architekturbüro, bevor es wieder in Richtung Höxter und ins Familienunternehmen ging. Und dort wartete mehr als Kreativität, nämlich das richtig „Eingemachte“ – kaufmännisches Denken und damit die richtige Kalkulation in den wirtschaftlichen Abläufen. „Das musste ich richtig lernen, deshalb war es wichtig, noch die Ausbildung zur Betriebswirtin anzuschließen, um richtig im Sattel zu sitzen“, sagt die 36-Jährige, die ihren Beruf so vielfältig wie keinen anderen findet. Nicht nur, dass man mit vielen verschiedenen Materialien arbeitet, man pflege außerdem viele Kontakte zu anderen Gewerken, die einen bereichern. „Und das Schöne ist, man kann auch sein Zuhause einrichten und dort (fast) alles reparieren“, meint die Innenarchitektin, die kein Problem damit hat, eine kaputte Spülmaschine wieder auf Vordermann zu bringen.

Mehr Praktika zur Orientierung

Was sind denn die besten Voraussetzungen für eine Ausbildung im Handwerk? „Leidenschaft und logisches Denken, alles Weitere lässt sich erlernen“, meint Lisa Valentin-Kalisch und ergänzt: „Die jungen Leute müssen richtig Bock haben, etwas zu machen, etwas zu gestalten.“ Die duale Ausbildung habe sich bewährt, aber: Am besten sei es doch, mehrere Praktika noch während der Schulzeit in der 9. und 10. Klasse verstärkt anzubieten, um Orientierung zu geben und vielleicht schon Ziele abzustecken. “Und zwar nicht nur einen Tag, sondern wesentlich länger, damit die Jugendlichen wie auch das Unternehmen herausfinden können, ob es passt.“

Eine Ausbildung im Handwerk sei immer noch der richtige Weg, um zu erfahren, wie das Leben läuft. Und anschließend – und genau das macht ja Lisa Valentin-Kalischs Laufbahn deutlich – lässt sich noch alles verwirklichen, was man sich vorgestellt und erträumt hat. „Würde ich es heute anders machen?“ fragt Lisa Valentin-Kalisch. Die Antwort kommt prompt: „Nein. Ich würde es genauso wieder machen.“

Steckbrief Tischler/-in

Voraussetzungen: Handwerkliches Geschick, technisches Verständnis, logisches Denken, zeichnerisches Talent, Vorliebe für Arbeit mit natürlichen Materialien, Interesse am Umgang mit moderner Technik.

Schulbildung: Rechtlich ist keine bestimmte Schulbildung vorgeschrieben. In der Praxis jedoch stellen die meisten Betriebe Auszubildende mit mittlerem Bildungsabschluss oder Abitur ein.

Ausbildung: Die duale Ausbildung dauert drei Jahre. Bei guten fachlichen Leistungen und schulischen Voraussetzungen kann die Ausbildungszeit verkürzt werden.

Aufgaben: Tischlerinnen und Tischler haben ein vielschichtiges Arbeitsspektrum. Sie stellen Schränke, Sitzmöbel, Tische, Fenster und Türen, aber auch Innenausbauten sowie Messe- und Ladeneinrichtungen meist in Einzelanfertigung her. Außerdem beraten sie ihre Kunden in Einrichtungslösungen. Anschließend be- und verarbeiten sie Holz und Holzwerkstoffe mit einer Vielzahl unterschiedlicher, auch computergesteuerter Techniken. Tischlerinnen und Tischler sägen, hobeln und schleifen, verarbeiten Furniere und behandeln Holzoberflächen. Einzeln angefertigte Teile verschrauben oder verleimen sie zu fertigen Holzprodukten. Auf Baustellen setzen sie Fenster, Treppen und Türen ein. In Wohn- oder Büroräumen verlegen sie Parkettböden und montieren Einbaumöbel, Raumteiler oder Wandverkleidungen. Bei Fragen der Energieeinsparung und Schallschutz sind Tischlerinnen und Tischler richtige Ansprechpartner. Das Tischler-Handwerk repariert und restauriert zudem beschädigte und alte Möbel.

Perspektiven: Nach wie vor gehört der Beruf zu den beliebtesten Lehrberufen junger Menschen in Deutschlands. Die Zukunftsaussichten für Tischlerinnen und Tischler sind sehr gut. Mit zurzeit 52 Auszubildenden kann sich die Tischlerinnung Höxter-Warburg zurzeit noch über mangelnde Nachfrage nicht beschweren. Doch die Zukunft liegt nach Meinung vieler Experten allerdings in der Individualität und nicht im Mainstream. Vielseitige Weiterbildungsmöglichkeiten reichen vom Tischlermeister/-in über den Fertigungsplaner/-in, Techniker/-in, Restaurator/-in bis hin zu verschiedenen Studiengängen, die helfen, die Karriereleiter zu erklimmen.

Weitere Informationen erteilt die Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg, Industriestraße 34, 33034 Brakel, Tel. 05272/3700-0 und unter www.kh-hx.de

Fotos: Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg/Martina Schäfer